"Geisterradeln" – Ursachen und Maßnahmen
Ursachen der Radwegbenutzung entgegen der Fahrtrichtung und Strategien zur Unfallvermeidung

Nach einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt 2015) fahren bis zu 20 % der Radfahrer auf Radwegen entgegen der vorgesehenen Fahrtrichtung. Dieses sogenannte "Geisterradeln", also das regelwidrige Linksfahren, gehört zu den Hauptursachen der Unfälle, die durch den Radverkehr selbst verursacht werden.
Uneindeutig ist, ob Regelunkenntnis oder mangelndes Problembewusstsein zum regelwidrigen Linksradeln beitragen. Es ist davon auszugehen, dass das Bewusstsein für entsprechende Regelübertritte in der Regel vorhanden sein wird. Dass es dennoch immer wieder zu diesen Regelübertritten kommt, wird an einer Vielzahl anderer Gründe liegen. Dazu gehören die Unkenntnis (oder Unerkennbarkeit) der aktuellen Regelung vor Ort, in einer Art Habitualisierung des Verhaltens bei teilweise für Linksverkehr freigegeben Radwegen, oder auch einfach die Unpraktikabilität eines entsprechenden regelkonformen Verhaltens ggf. verstärkt durch eine nicht optimale infrastrukturelle Gestaltung.
Planungsgrundlagen zum Thema existieren bisher kaum. Vorhandene Forschungsergebnisse haben wenig Eingang in die Praxis gefunden. Das Projekt "Geisterradeln" möchte deshalb klare fachliche Grundlagen für eine fundierte Herangehensweise an das Problem des regelwidrigen Linksfahrens schaffen. Diese fachlichen Grundlagen sollen Unsicherheiten in den Kommunen abbauen und eine zielorientierte und effiziente Herangehensweise an die Problematik durch die kommunale Verkehrsplanung ermöglichen.
Folgende Forschungsfragen sollen hierzu geklärt werden:
- Ergeben sich aus "Geisterradeln" typische Unfallursachen und -häufungen?
- Welche Lösungsansätze hat es bisher gegeben? Wie haben sich diese bewährt?
- Welche Möglichkeiten bietet eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit zum Thema?
- Welche alternativen Lösungsansätze könnten zum Einsatz kommen?
Zur Beantwortung dieser Fragen wird das folgende Vorgehen im Projekt gewählt:
1. Zusammenführung aller recherchierbaren fachlichen Erkenntnisse zum Thema
Im Rahmen der Projektlaufzeit soll eine umfassende Recherche aller bisher vorhandenen Erkenntnisse aus Wissenschaft und Praxis zur Thematik Geisterradeln erfolgen. Ziel ist die Erstellung einer Wissensbasis zum Thema in Form des Endberichts. Die Darstellung aktueller Beispiele und Erkenntnisse erfolgt auf einer Website.
2. Erkenntnisgewinn durch Unfalldatenanalyse und Evaluation vor Ort
Durch die Analyse von EUSKa-Unfalldaten in Verbindung zur jeweiligen räumlichen und verkehrlichen Nutzung und Gestaltung sowie durch Befragung und Beobachtung des Radverkehrsgeschehens in verschiedenen Modelkommunen an möglichen Konfliktstellen sollen weitergehende Erkenntnisse zum Thema Geisterradeln generiert werden.
3. Entwicklung einer modellhaften Kampagne zum Thema Geisterradeln
Inwieweit öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zu einer Entschärfung der Problematik Geisterradeln beitragen können, soll durch die Entwicklung, Anwendung und Evaluation einer spezifischen Kampagne überprüft werden. Diese Kampagne wird modellhaft entwickelt, getestet und nach Projektende Kommunen generell zur Verfügung stehen.
4. Weitergabe der gewonnenen Erkenntnisse an die kommunale Planung
Die wesentlichen im Projekt gewonnenen Ergebnisse werden in einem Planungsleitfaden niedergelegt, welcher ebenfalls kommunalen Planern zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus entsteht eine Projektwebsite, die über Erkenntnisse zum Thema Geisterradeln informieren und die Materialien der Kampagne zum Download zur Verfügung stellen wird.
5. Bildung eines Fach-Netzwerkes zur Thematik Geisterradeln.
Durch Veranstaltungen während der Projektlaufzeit, die Zusammenarbeit der Projektpartner sowie durch das Führen von Experten-Gesprächen soll ein fachliches Netzwerk aus Experten, Interessenten und Erfahrungsträgern für einen intensiven Informationsaustausch und kritischen Diskurs zum Thema Geisterradeln gebildet werden.
----
Literaturhinweise
BASt 2015: Sicherheitsverbesserungen bezüglich der Nutzung von Radwegen in Gegenrichtung. Bericht zum Forschungsprojekt: FE 77.0497/2010. Bundesanstalt für Straßenwesen -BASt-, Bergisch Gladbach (Hrsg.); Planungsgemeinschaft Verkehr -PGV-, Hannover (Bearb.)
Alrutz, Dankmar (Verf.); Bohle, Wolfgang (Verf.); Busek, Stefanie (Verf.) Bergisch Gladbach (2015) (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Verkehrstechnik; V 261), http://bast.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2015/1610/
BASt 2009: Bundesanstalt für Straßenwesen -BASt-, Bergisch Gladbach (Auftr., Hrsg.); Planungsgemeinschaft Verkehr -PGV-, Hannover (Bearb.); Institut Wohnen und Umwelt -IWU- , Darmstadt (Bearb.): Unfallrisiko und Regelakzeptanz von Fahrradfahrern (Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Verkehrstechnik; V 184), https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/191/file/V184.pdf
Kurzlink zu dieser Seite: nrvp.de/21021