Schülerverkehr
Radwegdetektive - Schüler erforschen ihr Schulumfeld

1. Ausgangssituation und Zielsetzung
Viele Unfallstatistiken weisen, mit jährlich steigender Tendenz, die Rad fahrenden Kinder der sechsten und siebten Klassen als besonders unfallgefährdet aus.
Nach den Rahmenvorgaben des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) für Verkehrs- und Mobilitätserziehung sollen in den angesprochenen Jahrgangsstufen eine Weiterführung der Radfahrausbildung und eine Auseinandersetzung mit der Verkehrssituation in der neuen Schulumgebung stattfinden. Gemeinsam mit den Schulen sollen die Verwaltungen der Kommunen im Netzwerk "Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland" die Situation der Rad fahrenden Schüler untersuchen und verbessern.
Die weiterführenden Schulen sollen mit der vom Netzwerk
"Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland" initiierten
Aktion "Radwegdetektive" in ihrer Arbeit im Rahmen der
Bewegungsförderung und Mobilitätserziehung unterstützt werden.
Mit dem Fahrradprojekt für die fünften bzw. sechsten
Jahrgangsstufen der weiterführenden Schulen soll ein wesentlicher
Beitrag zur Reduzierung der Radfahrunfälle geleistet werden.
Darüber hinaus stellt das Projekt aber auch einen wesentlichen
Beitrag zur Mobilitätsbildung der Kinder und Jugendlichen dar. Im
Mittelpunkt steht nicht das Üben des Radfahrens im Straßenverkehr,
sondern das Erforschen des Straßenverkehrs eine andere
Vorgehensweise, um Regeln und sicheres Verhalten einsichtig zu
machen. Die Kinder verbessern dadurch ihre Ortskenntnisse im
Stadtteil, trainieren ihren Orientierungssinn und steigern die
Fähigkeiten in der Aneignung ihrer Umwelt. Sie setzen sich bewusst
mit der Verkehrssituation auseinander und erkennen Probleme auf
ihren Schulwegen. Durch die aktive Beteiligung der Schüler/innen im
Rahmen der Fahrradprojekte setzen sie sich auch mit ihrer
Mitverantwortung für einen umwelt- und sozialverträglichen Verkehr
auseinander. Die aus der Detektivarbeit resultierenden Ergebnisse
sollen anschließend mit den Kommunalverwaltungen diskutiert werden,
Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden und diese ggf. umgesetzt
werden.
Damit ist eine aktive Förderung des Radverkehrs gegeben.
2. Projektdurchführung
Jede teilnehmende Schule erhält vom Netzwerk "Verkehrssichere
Städte und Gemeinden im Rheinland" eine Kiste mit fünf Rucksäcken
für fünf Radwegdetektive-Teams, die Material für jeweils sechs
Schüler enthalten:
- Fragebögen zur Verkehrssituation
- Checklisten zum sicheren Fahrrad
- Unterrichtsmaterialien für Lehrer
- Infos zum Helmtragen
- Informationsblätter zu den unterschiedlichen Radwegeanlagen
- Maßbänder, Stoppuhren, Klemmbretter
- Sicherheitswesten und Abstandshalter fürs Fahrrad
Die Fragebögen sind als Worddokument auf einer CD für den Lehrer
beigefügt; so können sie z.B. ortspezifisch angepasst werden.
Mit Hilfe dieser Materialien untersuchen ausgewählte Schüler als so
genannte "Radwegdetektive" ausgerüstet in Teams ihr Schulumfeld und
die Infrastruktur für Radfahrer auf dem Schulgelände. Dazu müssen
zunächst gemeinsam mit den Kindern die Ziele der Aktion besprochen
und die Fragebögen durchgegangen sowie mögliche Fragen geklärt
werden. Falls nötig wird der Umgang mit Stoppuhr und Maßband geübt.
Je nach Art der Durchführung sollten der Weg/die Wege festgelegt
und die Schüler ggf. in Gruppen eingeteilt werden.
Die Schüler können in der Aktion folgende Punkte
bearbeiten:
- Verkehrszählung (z.B. Anzahl der Insassen im Pkw, Anzahl der Verkehrsmittel (Pkw, LKW, Motorrad, Bus, Fahrrad, Fußgänger)
- Ampelbeobachtung (z.B. Messen der Dauer der Grün- und Rotphase)
- Überprüfung der Querungsmöglichkeiten
- Messen der Gehwegbreiten
- Sichtbehindertes Parken im Bereich der Schulen
- Radwege im Umfeld der Schule analysieren
- Abstellanlagen für Fahrräder an der Schule untersuchen
- Abstellanlagen außerhalb der Schule untersuchen
- Art der Straße (verkehrsberuhigte Zonen, Tempo 30 Zone, etc.)
- Aufteilung der Straße (Breite von Gehweg, Radweg und Fahrbahn)
- Sichthindernisse (z.B. Verkehrsschilder, Grünwuchs)
- Regelung des fließenden Verkehrs (Geschwindigkeitsbegrenzungen)
Da die Schulen auf außerschulische Unterstützung angewiesen sind, kommt an dieser Stelle das oben genannte Netzwerk "Verkehrssichere Städte und Gemeinden im Rheinland" (50 kommunale Gebietskörperschaften gehören diesem Netzwerk an, Stand 28.10.2008) zum Tragen. Die Mitgliedskommunen bekommen eine Ausrüstung für die Radwegdetektive zur Verfügung gestellt. Die Koordinierungsstelle des Netzwerkes berät die Kommunen bzw. Schulen bei der Umsetzung des Projekts, wobei das Projekt jedoch nur an den Schulen umgesetzt wird, die sich zur Zusammenarbeit schriftlich bereit erklären.
Die Ergebnisse der Schüler sollen an die zuständigen Stellen der Stadtverwaltung weiter geleitet werden. Gemeinsam sollen Lösungsmöglichkeiten erarbeitet und nach Möglichkeit umgesetzt werden. Die Ergebnisse können z.B. in Schulwegbroschüren, Radfahrplänen, Kinder- und Jugendverkehrsgutachten, Kinderstadtplänen, aber auch allgemein in die Stadtplanung Eingang finden.
3. Abschluss der Detektivarbeit
Nach Erforschung des Schulumfelds werden in einem weiteren Schritt folgende Ergebnisse und weitere Schritte von den teilnehmenden Schulen erwartet:
Erhebungsergebnisse
Je nach verwendetem Fragebogen erhält man:
- statistische Daten zum Mobilitäts- und Freizeitverhalten der Kinder,
- Aussagen zu den Wünschen der Schüler hinsichtlich des Verkehrsraumes sowie
- Aussagen zu konkreten Problem- und Gefahrenpunkten im jeweiligen Schulumfeld, die die Grundlage für Diskussionen mit Verantwortlichen in Politik und Verwaltung bilden.
Weiteres Vorgehen
Daraus ergeben sich verschiedene Möglichkeiten der weiteren
Vorgehensweise:
- Erstellen eines Schulwegratgebers für die Schule. Dieser wird dann den Eltern und Schülern der Eingangsklassen zur Verfügung gestellt.
- Erstellen eines lokalen Kinderverkehrsgutachtens
- In Stadt- und Stadtteilplänen können u.a. die Engstellen auf Geh- und Radwegen, Wartezeiten an Ampeln und Gefahrenpunkte (zu schnell fahrende Autos usw.) eingetragen werden.
- Die Ergebnisse der Detektivarbeiten "Wie wünsche ich mir den Verkehr?" und die konkreten Lösungsvorschläge der Kinder können z.B. in Form einer Ausstellung zusammengetragen werden.
- Mit Hilfe der Lehrer/innen schreiben die Kinder einen Brief an den Bürgermeister, der ihre Ergebnisse und Wünsche enthält und reichen diese auch an die lokale Presse weiter. Die Presse kann auch schon in der Erhebungsphase mit einbezogen werden.
Erarbeitung von Maßnahmenvorschlägen
Die Zusammenstellung der Untersuchungsergebnisse soll durch die
Schule erfolgen. Für Problembereiche sollten Lösungsmöglichkeiten
gemeinsam von Schülern, Lehrern, Eltern und Experten aus Verbänden
erarbeitet werden.
Die Koordinierungsstelle bietet hier bei Bedarf eine
Zusammenstellung von Maßnahmen (best practice) an.
Präsentation der Ergebnisse
Die Präsentation der Ergebnisse sollte öffentlich durchgeführt werden. Hier bietet sich z.B. ein Projekttag der Schule unter dem Motto "Mit dem Rad unterwegs zur Schule" an. Darüber hinaus sollten die Ergebnisse mit den erarbeiteten Maßnahmenvorschlägen der Stadtverwaltung oder entsprechenden Gremien, z.B. Verkehrsausschuss, Kinderunfallkommission etc. präsentiert werden.
Die ersten Kisten sind an Schulen in Kerpen, Köln, Waldbröl, Bonn und im Rhein-Sieg-Kreis im Einsatz.
Im Dezember 2008 überreichten die ersten sieben Radwegdetektive aus
Sindorf (Kerpen) der Bürgermeisterin Marlies Sieburg zugleich
Vorsitzende der Kinderunfallkommission, einen ganzen Katalog von
Mängeln. Neben offensichtlichen Schäden wurde z.B. auf
unübersichtliche Stellen im Straßenbereich hingewiesen. Marlies
Sieburg sagte den Detektiven zu, die Mängel bis zum Start der
Radsaison 2009 beheben zu lassen. (Quelle: Stadt Kerpen,
Ansprechpartner: Herr Strehling)