Entwicklung eines überörtlichen Zielnetzes
Radverkehrsplanung für drei Wirtschaftsregionen des Landkreises Ostprignitz-Ruppin

Die Fahrradnutzung in Deutschland hat in den letzten Jahren bereits ein hohes Niveau erreicht und gewinnt weiter an Bedeutung. Für Alltags- und Freizeitfahrten hat die Qualität des Radverkehrsangebotes inzwischen den Status eines wesentlichen weichen Standortfaktors, der Wohn- und Investitionsentscheidungen beeinflussen kann. Im touristischen Bereich gehört der Fahrradverkehr zu den Segmenten mit den höchsten Wachstumsraten und erhält in diesem Zusammenhang erhebliche Bedeutung für die gesamte Tourismusbranche als Teil der regionalen Wirtschaft.
Der Landkreis Ostprignitz-Ruppin hat deshalb im Frühjahr 2009 eine
erste Analyse des Radwegebestandes durchgeführt und kartiert. Die
drei Wirtschaftsregionen des Landkreises
- der Regionale Wachstumskern (RWK) Neuruppin mit den Gemeinden und Ämtern Rheinsberg, Lindow, Fehrbellin und Temnitz,
- die Kleeblatt-Region mit den Gemeinden und Ämtern Wusterhausen, Neustadt (Dosse), Kyritz und Gumtow,
- das Autobahndreieck Wittstock mit den Gemeinden und Ämtern Wittstock und Heiligengrabe
haben sich daraufhin entschlossen, die vom Landkreis begonnenen
Arbeiten in eigener Regie und auf eigene Kosten vertieft
fortzuführen und zu einer flächendeckenden Radverkehrsplanung zu
entwickeln.
Aufgabe des Radverkehrskonzepts ist primär die Definition eines
überörtlichen Zielnetzes, das der Erschließung der drei
Wirtschaftsregionen des Landkreises mit überörtlichen Routen dient
und der Siedlungs- und Nutzungsstruktur der Wirtschaftsregionen
gerecht wird. Die Region hat die landschaftlichen und kulturellen
Potenziale, in den Wettbewerb mit bereits weit entwickelten
Fahrradregionen einzutreten. Dies erfordert jedoch konsequentes,
gemeinsames und abgestimmtes Handeln über einen Zeitraum von
mindestens fünf Jahren.
Die Entwicklung des Radverkehrsnetzes für die drei
Wirtschaftsregionen des Landkreises Ostprignitz-Ruppin folgt
deshalb der Methodik der Angebotsplanung und nicht der
Bedarfsplanung. Hierzu wurden folgende Analyseschritte
durchgeführt:
- Analyse der potenziellen Ziele und Quellen für Fahrradverkehr
- Räumliche und nutzungsbedingte Hindernisse
- Wunschliniennetz
- Umlage der Wunschlinien zum Radverkehrsplan
Die gewählte Methodik stellt sicher, dass die bedeutsamsten
Verbindungen für den Fahrradverkehr herausgefiltert werden konnten,
um so ein möglichst optimales Netz für das Gebiet zu entwerfen.
Insgesamt hat das so entwickelte und mit den beteiligten Gemeinden
eng abgestimmte Radverkehrsnetz eine Länge von ca. 1800km. Das Netz
gliedert sich in folgende Kategorien (die Überlagerung von Alltags-
und Freizeitrouten ergibt eine höhere Gesamtkilometerzahl als die
Netzlänge):
- Länge der Routen im Alltagverkehr 1310 km
* Hauptrouten 430 km
* Nebenrouten 720 km
* Ergänzungsrouten 160 km
- Länge der Routen im Freizeitverkehr 1440 km
* Hauptrouten 530 km
* Nebenrouten 910 km
Der in das regionale Radverkehrsnetz übernommene Bestand an Radverkehrsanlagen beträgt 250km. Das Netz von 1800km Länge ist derzeit lediglich zu 11% umgesetzt. Es bedarf somit noch erheblicher Anstrengungen, bis sich erste durchgehende Achsen bzw. eine Netzstruktur ergeben. Hierzu werden vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Notwendigkeit von Radwegen als gesonderte Radverkehrsanlagen und den knappen Mitteln des Landes für den weiteren Ausbau des Radverkehrsnetzes auch unkonventionelle Maßnahmen erforderlich sein. Dies betrifft vor allem die Frage, wie Radfahrer auf wenig befahrenen, ländlichen Straßen auch außerorts auf der Fahrbahn sicher geführt werden können. Angestrebt wird eine Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf 80 oder 60 km/h und Markierungen auf der Fahrbahn (Schutzstreifen oder Fahrradsymbol). Darüber hinaus gibt es im Landkreis Ostprignitz-Ruppin eine sonst bisher selten genutzte Lösung für die Einbindung von landwirtschaftlichen Wegen als Fahrradstraßen, teilweise unter Nutzung der traditionellen Sommer- und Winterwege.
In einem weiteren Arbeitsschritt haben die drei Wirtschaftsregionen
die Achsen identifiziert, die mit höchster Priorität zu entwickeln
sind, nämlich die regionalen Routen im Alltags- und
Freizeitverkehr, insgesamt rund 890km. Eine weitere Einschränkung
wurde vorgenommen, indem die regionalen Routen mit dem Bestand an
Radverkehrsanlagen verschnitten wurden. In dem gefundenen Netz
wurden durchgehende Nord-Süd- und West-Ost-Routen ausgewählt, die
ein Netz mit einem ausgeglichenen Rasterabstand bilden sollen. Das
prioritäre Netz hat so letztlich eine Länge von 495km, etwa ein
Viertel des Gesamtnetzes, die nun vorrangig entwickelt werden
sollen. Hierin ist ein Bestand an Radverkehrs-anlagen von
mindestens 199km, rund 40% der Wegelänge, enthalten. Dieses Netz
soll in den nächsten Jahren unter unmittelbarer Nutzung von
LEADER-Mitteln (Förderung des Baus von Radverkehrsanlagen) oder
mittelbarer Nutzung (Herrichtung von Wirtschaftswegen, die Teil des
Radverkehrsnetzes sind) realisiert werden, setzt aber im Übrigen
auf möglichst kostengünstige, effiziente Maßnahmen.
Da die Region Prignitz-Ruppin noch über ein dichtes
Schienenverkehrsnetz verfügt, wurde das Radroutennetz im Rahmen
eines mit Lottomitteln des Landes Brandenburg geförderten Projekts
in einem weiteren Arbeitsschritt mit den Zugangsstellen
verschnitten, was den Bedarf zum Ausbau der Schnittstelle
Fahrrad/Bahnhof bestätigt hat. Um eine Hierarchisierung der
Bahnhöfe in ihrer Bedeutung für den Fahrradtourismus zu entwickeln,
wurde auf der Grundlage der erhobenen Daten in Verbindung mit dem
Radverkehrsnetz für die drei Wirtschaftsregionen eine Typisierung
vorgenommen:
- Typ A "Hauptportal zur Region"
* direkte Anbindung an Berlin oder RE-Netz,
* gutes bis sehr gutes Fahrplanangebot,
* erkennbar touristisches Potenzial bei den Ein-/ Aussteigern,
* mindestens eine tangierende Radfernroute und weitere
Radrouten.
- Typ B "Etappenstation"
* gutes bis akzeptables Fahrplanangebot,
* erkennbares touristisches Potenzial bei den Ein-/
Aussteigern,
* zumindest eine Radfernroute und eine weitere Route,
* Etappenabstand zu den Hauptportalen.
- Typ C "Zwischenstation"
* kein erkennbares touristisches Potenzial bei den Ein-/
Aussteigern,
* nur eine Radroute,
* "Fluchtweg" bei Wetterumschwung, Fahrradpanne und ähnliches.
Für die Bahnhofstypen wurden verschiedene Anforderungskriterien
definiert.
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