Förderung von Radschulwegen
RADerFAHREN - Etablierung einer öffentlichen Rad-Kultur durch zielgruppenorientierte Befähigung zu einer intensiveren Fahrradnutzung im Alltag

Ausgangssituation, Darstellung der Projektidee und ‑ziele
Ausgangspunkt des Vorhabens ist die Beobachtung, dass in Chemnitz das Radfahren im Alltag bislang nicht weit verbreitet ist und weniger als 10 Prozent aller Wege im Alltag mit dem Rad bewältigt werden. Hierfür existieren verschiedene Ursachen wie zum Beispiel die Topografie des Stadtgebietes (z.B. teilweise starke Anstiege), die Altersstruktur der Bevölkerung, ein unzureichend ausgebautes, zum Teil lückenhaftes und als unsicher wahrgenommenes Radverkehrsnetz (u.a. fehlende quartiersübergreifende Radverkehrsverbindungen), ein teilweise erlerntes bzw. „vererbtes“ auto-orientiertes Mobilitätsverhalten in allen Bevölkerungsschichten sowie Verhaltensdefizite anderer Verkehrsteilnehmer (u.a. fehlende Empathie von Autofahrer*innen). Damit einher geht die Herausforderung, die vorrangig auf den motorisierten Individualverkehr (MIV) fokussierte Verkehrsmittelwahl zu Gunsten umweltfreundlicher Verkehrsmittel zu verändern, das städtische Radverkehrspotenzial stärker zu erschließen und somit einen lokalen Beitrag zur Erreichung globaler Umwelt- und Klimaziele zu leisten. Dies betrifft auch die angestrebte Förderung des Radverkehrs unter jungen Menschen sowie die mit dem gegenwärtig in der Fortschreibung befindlichen Verkehrsentwicklungsplan (Zielhorizont 2040) vorgesehene Erweiterung eines umfassenden, intermodalen Mobilitätsmanagements in Chemnitz.
Die beschriebene Situation in Chemnitz betrifft auch die Wahl des Verkehrsmittels in Bezug auf Schulwege: Vor dem Hintergrund einer als kritisch eingeschätzten Qualität von (potenziellen Rad-) Schulwegen lassen Eltern ihre Kinder häufig nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren, weil das Radfahren im Allgemeinen nicht als Mobilitätsalternative oder pauschal als unsicher wahrgenommen wird. Dies führt dazu, dass Kinder nicht mit dem kompletten Spektrum der urbanen Mobilitätsalternativen vertraut werden und deren Mobilitätsverhalten einseitig auf wenige Verkehrsmittel fokussiert. Das Projekt „RADerFAHREN“ knüpft an diese Ausgangssituation an, in dem es die Mobilitäts(aus)bildung und Verkehrserziehung als Teil der Umweltbildung von Kindern im Alter von circa 10 Jahren (engere Zielgruppe), sowie deren Erziehungsberechtigten und Lehrer*innen (erweiterte Zielgruppe) adressiert. So sollen zum einen Schüler*innen in Chemnitz zur Wahl des Fahrrads als Mobilitätsalternative im Schullalltag befähigt werden. Zum anderen sollen den Schüler*innen nahestehende Personen (z.B. Eltern, Großeltern) im Projektverlauf einbezogen werden, die ihrerseits als Multiplikator*innen die Entscheidung bei den Kindern und in den Familien zu Gunsten der Wahl des Fahrrads als Verkehrsträger beeinflussen.
Besonders im Fokus des Projekts stehen dabei der Zeitpunkt des Übergangs der Kinder von der Grundschule zur weiterführenden Schule (4. und 5./6. Klasse) und der vorhandene Möglichkeiten-Raum im Rahmen der schulischen Verkehrserziehung (z.B. Lehrplanangebot in Grundschulen, Angebote der Verkehrswacht). Durch den Schulwechsel auf eine weiterführende Schule verändern sich die Schulwege, und es gilt zu entscheiden, wie der Schulweg im Alltag zu bewältigen ist. Der Zeitpunkt des Übergangs von der Grundschule zur weiterführenden Schule erweist sich beim Thema Mobilität / Mobilitätskompetenzen als Schlüsselzeitpunkt: die theoretische und praktische Radfahrausbildung durch den Landeslehrplan in Sachsen ist abgeschlossen und infolge des Alters der Schüler*innen, i.d.R. über 10 Jahre, sind die Kinder nach Straßenverkehrsordnung (StVO) verpflichtet, die ausgewiesenen Radverkehrsanlagen zu nutzen oder auf der Fahrbahn mit dem Fahrrad zu fahren.
Projektdurchführung
Das Projekt „RADerFAHREN“ ist ein nicht-investives Vorhaben im Rahmen des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) 2020 und wird durch die Technische Universität Chemnitz, Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Betriebliche Umweltökonomie und Nachhaltigkeit bearbeitet und umgesetzt. Die mit dem Vorhaben einhergehenden Maßnahmen und Zielstellungen werden mit ausgewählten Schule modellhaft bearbeitet und erprobt. Nach erfolgreichem Test von Konzept und „Werkzeugkasten“ mit einer begrenzten Anzahl an Schulen soll das Konzept mit weiteren 5. Klassen in Chemnitz durchgeführt werden. Projektpartner*innen werden aufgabenspezifisch in assoziierter Partnerschaft in das Projekt eingebunden und fungieren als Multiplikator*innen, als Akteure im Sinne einer Beratungsfunktion, als Wissensgebende und als Förderer des Vorhabens.
Im Projekt wird vorrangig der Zielgruppe der Kinder im Alter von circa 10 Jahren fokussiert. Es ist angedacht, diese aktiv und auf partizipative Weise im gesamten Projektverlauf einzubeziehen. Beispiele hierfür sind die Erstellung einer kinderfreundlichen Fahrradkarte und eines Wettbewerbs, in dem die Schüler*innen ihre Motivation und Erfahrungen beschreiben, mit dem Fahrrad zur Schule zu fahren und dazu Beiträge spezifischer Schulfächer beifügen. Die Ergebnisse der Sieger*innen werden im Zuge der Präsentation und Öffentlichkeitsarbeit im Projektvorhaben nutzbar gemacht werden (z.B. Einbindung in Fahrradzeitschrift, Veröffentlichung auf Schulhomepages o.ä.). Entsprechend den Bedürfnissen der Zielgruppe werden diese Maßnahmen in hohem Maße mittels eines „fun“-orientierten Ansatzes erdacht und durchgeführt, wobei verschiedene Formate und Medien (z.B. Animationen, Infographiken, Quizze) eingebunden werden sollen. Die Kinder werden ebenfalls im praktischen Teil des Projektes partizipativ eingebunden (z.B. Durchführung des Rad-Parcours; Möglichkeit zur Teilnahme an Kurzbefragungen). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Projektdurchführung kann jedoch noch keine Einschätzung hinsichtlich der Resonanz sowie der Fortführung des Projekts über den Förderzeitraum gegeben werden. Eine Verwertung der Projekt- und Forschungsergebnisse wäre sowohl aus praktischer Sicht (Wissenstransfer wie z.B. praxistauglicher Leitfaden zur Umsetzung und Förderung von Radverkehr) als auch wissenschaftlich-theoretischer Sicht (z.B. Einbindung der Erkenntnisse in universitäre Lehrangebote; Publikationen; Bildung und Verstetigung von Netzwerken für potentielle Folgeprojekte) möglich. Das Vorhaben trägt zudem zur Initiierung eines dauerhaft implementierten Mobilitätsmanagements in Chemnitz bei. Zudem werden Aktionen bezüglich einer kontinuierlichen Vernetzung mit weiteren Partner*innen auf kommunaler, nationaler und europäischer Ebene avisiert.
Das Projekt umfasst drei zentrale Elemente:
(A) Verkehrserziehung (z.B. Risiko- und Gefahrenanalyse der potenziellen Rad-Schulwege; visuelle Verdeutlichung potenzieller Gefahren im Straßenverkehr; spielerisch-gestalterisches Aufzeigen und Vermitteln von Verkehrsregeln; Wissensvermittlung bzgl. Fahrradmobilität, Verkehrs- und Umwelterziehung);
(B) Bewusstseinsbildung und Empowerment (z.B. Nutzung von Kinder-Uni und Senioren-Kolleg an der TU Chemnitz, Gestaltung einer Unterrichtseinheit zum Zusammenhang zwischen nachhaltiger (Rad-) Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz sowie sozialer Nachhaltigkeit; sowie
(C) Wissenschaftliche Begleitforschung (z.B. Zusammenstellung von Indikatoren für Prozess- und Wirkungsevaluation; Erstellung Erhebungs- und Fragebogendesign; Ableitung von Handlungs- und Gestaltungsempfehlungen).
Projekterfolge
Zum gegenwärtigen Stand des Projektvorhabens und der Projektdurchführung (Stand März 2021) wurden bzw. werden primär folgende Maßnahmen realisiert:
- Absprachen mit Akteuren (z.B. Stadtverwaltung Chemnitz, Pilotschule, Verkehrswacht) und anderen Projekten
- Durchführung der Literaturrecherche (z.B. Lehrpläne Freistaat Sachsen, radpraktische Ausbildung sowie wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Nachhaltige Schulmobilität) und Dokumentation der Rechercheergebnisse als Grundlage für wissenschaftliche Begleitforschung
- Auswahl der Pilotschule und Absprachen mit der Schulleitung
- Netzwerkaufbau und weitere Informationsgewinnung über Teilnahme an Workshops etc.
- Vorbereitung Erstellung Fahrradkarten und Schulradwegpläne
Inwieweit das Vorhaben dazu beiträgt, dass das Projekt zur Verbesserung der Bedingungen für Schulkinder auf ihrem alltäglichen Schulweg als Radfahrer*innen führt und in welchem Umfang die Projektziele erreicht werden, wird mittels eines Evaluationskonzeptes erhoben. Weitere Effekte werden im weiteren Projektverlauf (bzw. zum Projektende) bewertet und publiziert.
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