Ein Leitfaden für die Praxis
NRVP 2020: Empfehlungen für die Gestaltung von Fahrradstraßen

Die Nutzung des Fahrrads als Verkehrsmittel hängt als wichtiger Bestandteil vom qualitativ hochwertigen und sicheren infrastrukturellen Angebot ab. Im Zuge des Ausbaus des Radverkehrsnetzes (z.B. Bonn, München, Köln) oder dem geplanten Bau von Radschnellwegen im innerstädtischen Bereich (z.B. Hannover) weisen viele Städte Fahrradstraßen gemäß StVO-Zeichen 244.1 und 244.2 aus. Laut StVO dürfen Fahrradstraßen nur vom Radverkehr genutzt werden, es sei denn, Zusatzzeichen erlauben eine Nutzung auch von anderen Verkehrsarten. Für den Fahrverkehr gilt eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h. Der Radverkehr darf weder gefährdet noch behindert werden.
Fahrradstraßen sind ein wichtiges Element von durchgängigen Netzen und können als bedeutender Teil von Radschnellverbindungen eingesetzt werden. Auf gebündelten Routen werden verbesserte Bedingungen für Radfahrende geschaffen, der Komfort, die Sicherheit und die Reisegeschwindigkeit werden erhöht.
Im Status quo gibt es unterschiedliche Ausgestaltungen des Elements Fahrradstraße. Je nach Beispiel sind die Bedingungen für Radfahrende sehr verschieden; dies wirkt sich auf die Attraktivität und somit auf die Radverkehrszahlen sowie auf die (gefühlte) Verkehrssicherheit aus. In einer Studie der GDV wurden Fahrradstraßen hinsichtlich Unfallgeschehen und Verkehrsverhalten untersucht (Sicherheitsbewertung von Fahrradstraßen und der Öffnung von Einbahnstraßen, Berlin, 2016, Forschungsbericht 41, (edoc.difu.de/edoc.php?id=I19R4V6A). Ergebnis dieser Studie sind Hinweise zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Dezidierte Vorgaben zu einer einheitlichen und wiedererkennbaren Ausgestaltung von Fahrradstraßen fehlen jedoch noch. Zudem wurde bisher noch nicht explizit herausgearbeitet, welchen Mehrwert Fahrradstraßen gegenüber Straßen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h haben bzw. welche Rahmenbedingungen es (zwingend) einzuhalten und umzusetzen gilt, um diesen Mehrwert zu generieren. Darüber hinaus gibt es in Veranstaltungen der Fahrradakademie des Deutschen Instituts für Urbanistik immer wieder die Rückmeldung, dass ein Leitfaden fehlt, der zusammenträgt, welche Faktoren wichtig für die Gestaltung von Fahrradstraßen sind.
Daher sind die Ziele dieses Projekts, Qualitäts- und Komfortmerkmale aus Sicht der Radfahrenden herauszuarbeiten und festzulegen, die das gewünschte Verhalten in Fahrradstraßen (z. B. das Nebeneinanderherfahren) auch hervorrufen bzw. möglich machen sowie den fachlichen Austausch, die Vernetzung von Planenden und die Aufklärung der Öffentlichkeit zum Thema zu befördern.
Durch Befahrungen und mittels Expertengesprächen untersucht das Difu folgende Kommunen: Berlin-Mitte, Bonn, Dreieich, Erlangen, Essen, Göttingen, Hamburg, Kiel, Konstanz und Senftenberg. Die Universität Wuppertal analysiert zusätzlich Straßen in Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Erfurt, Esslingen, Freiburg, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Lübeck, Memmingen, Mönchengladbach, Rotenburg (Wümme) und Viernheim. Durch eine intensive Kommunikation unter den Agierenden vor Ort sollen Erkenntnisse zu Fahrradstraßen gesammelt und typisiert werden. Aufbauend auf den Analyseergebnissen werden für verschiedene Rahmenbedingungen Hinweise zur Umsetzung, Gestaltungsempfehlungen und Handlungsempfehlungen gegeben, kommuniziert und verbreitet. Dabei werden insbesondere auch Qualitäts- und Komfortmerkmale aus Sicht der Radfahrenden berücksichtigt. Ergänzt werden diese Empfehlungen durch kompakte Checklisten, mittels derer Straßenabschnitte auf ihre Eignung als Fahrradstraße hin überprüft werden können. Zusätzlich wird schon während der Projektlaufzeit auf den Seiten des Fahrradportals in regelmäßigen Abständen über das Thema Fahrradstraßen informiert.
Als Ergebnis liefert das Projekt einen Leitfaden von vergleichbaren Anwendungsfällen und allgemeingültigen Empfehlungen für die Praxis. Dieser soll digital (z.B. barrierefreies PDF auf dem Fahrradportal) sowie in gedruckter Form zu Verfügung gestellt werden. Erkenntnisse und Einsatzempfehlungen können so für andere Kommunen gebündelt und übersichtlich zugänglich gemacht werden. Auf einer Abschlussveranstaltung werden die Ergebnisse der Fachöffentlichkeit präsentiert und können im Rahmen der Fahrradakademie vermittelt werden.
Langfristig kann eine einheitliche und erprobte Gestaltung von Fahrradstraßen zu einer besseren Erkennbarkeit für die Verkehrsteilnehmenden führen und so eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und der Verkehrssicherheit für den Radverkehr in Deutschland erreicht werden.
Die Forschungsergebnisse sollen innerhalb der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) vorgestellt werden und können als Input für die mittelfristig zu überarbeitenden Regelwerke ERA und RASt dienen.
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