Forschungs- und Entwicklungsvorhaben
Logistische Optimierung der City-Belieferung mit Lastenrädern (LOOP)

Ziel des Vorhabens
Das Vorhaben soll anhand von Potenzialanalysen und Feldversuchen aufzeigen, wie Lastenräder in der Einzelhandelslogistik auf breiter Basis wirtschaftlich eingesetzt werden können. Die Arbeitshypothese ist, dass durch speditionelle Mehrwertdienstleistungen für den Handel (Sendungsbündelung, Warehousing) sowohl Lieferfahrten eingespart, als auch auf Lastenräder verlagert werden können. Dadurch entstehen für die Belieferung der Innenstadtbereiche von Großstädten Synergien, die die kritische Grundlast für den wirtschaftlichen Einsatz von Lastenrädern schaffen. So bleibt das Lastenrad nicht nur auf Nischen (z. B. Fahrrad-Kurierdienste, Essenslieferungen) und den Einsatz bei großen Paketdienstleistern beschränkt. Es geht vielmehr darum, typischen mittelständischen Stückgutspeditionen den Einsatz von Lastenrädern nahe zu bringen. Dazu müssen aber zuerst innovative Logistikkonzepte aufgebaut werden, die das bislang ungelöste Problem der empfängerseitigen Sendungsbündelung bewältigen.
Neben der Förderung des Radverkehrs wird so ein Beitrag zur Reduzierung der Umweltbelastungen in Städten (Lärm, Luftschadstoffe), zur Verbesserung der verkehrlichen Erreichbarkeit von Innenstädten sowie zur Stärkung des stationären Einzelhandels erwartet. Damit soll auch dazu beigetragen werden, Dieselfahrverbote in deutschen Städten zu vermeiden. Hiervon sind KMU in der Stückgutlogistik besonders betroffen, da diese ihre älteren Nahverkehrs-Lkw kurzfristig umrüsten bzw. stilllegen müssten, wenn entsprechende Verbote angeordnet würden. Im Kontext des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) erweitert das beantragte Vorhaben den bereits in dem Wiesbadener Projekt „Kiez-Kaufhaus“ erprobten Versuch, den lokalen Facheinzelhandel durch eine lokale Online-Plattform mit Lastenrad-gestützter Lieferung innerhalb eines Kalendertags zu stärken. Anstatt nur Auslieferungen des Einzelhandels an Endkunden auf das Lastenrad zu verlagern, wird hier auch die Anlieferung an den Facheinzelhandel integriert und damit das Transportpotenzial für Lastenräder erhöht.
Konzept zur Bündelung der Innenstadtlogistik
Um die Fahrradnutzung im Wirtschaftsverkehr zu etablieren, muss der Verkehrsmitteleinsatz für die Unternehmen wirtschaftlich sein und den Kundenanforderungen (Verlader, Handel, private Endkunden) im Wettbewerb gerecht werden. Dazu ist eine enge Rückkopplung der Verkehrsforschung mit der Unternehmenspraxis erforderlich, da nur so die spezifischen Bedingungen für die erfolgreiche Umsetzung innovativer Ideen im Unternehmen berücksichtigt werden können.
Derzeit werden die Einzelhändler unkoordiniert von mehreren Quellen (Produzenten, Großhändler, …) beliefert. Die Einzelhändler beliefern ihrerseits unkoordiniert ihre Endkunden. Im Ergebnis finden sehr viele, oft schlecht ausgelastete Fahrten mit Lieferfahrzeugen statt. Ziel ist, dass die Sendungen von Produzenten und Großhandel zu einem Logistiker in Stadtrandlage transportiert werden, der von dort aus mit Lieferwagen und Lastenrädern die Innenstadt versorgt, sodass jeder teilnehmende Einzelhändler mit allen für ihn bestimmten Sendungen nur einmal angefahren wird. Sendungen des Einzelhandels an die Endkunden werden möglichst direkt vom Standort des Logistikers zugestellt, sodass Fahrten aus der Innenstadt an die Endkunden entfallen. Das spart dem Einzelhändler Personalaufwand im Wareneingang und bei der Endkundenbelieferung. Der so entstehende Mehrwert auf Seiten des Einzelhändlers generiert die Deckungsbeiträge zur Dienstleistung des Logistikers.
Durch den Einsatz von Lastenrädern entsteht für den beteiligten lokalen Fachhandel ein zusätzlicher, vermarktungsfähiger Imagegewinn. Die Bündelung der Sendungen kann das tägliche Sendungsaufkommen für die Lastenradbelieferung auf höherem Niveau stabilisieren. Das ist die entscheidende Voraussetzung dafür, Lastenräder zu beschaffen und Fahrpersonal einzustellen.
Projektdurchführung
Im Rahmen des Projekts werden die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Einsatz von Lastenrädern in der Einzelhandelslogistik (Belieferung des Einzelhandels (= B2B) und Auslieferung an Endkunden durch den Einzelhandel bzw. direkt über das Depot des Logistikdienstleisters (= B2C)) untersucht. Dazu wird an zwei zukunftsweisende Projekte angeknüpft, die über die Nutzung von Lastenrädern durch einzelne Kurier-, Express- und Paketdienst-Logistiker (KEP-Logistiker) auf der sog. „allerletzten Meile“ deutlich hinausgehen:
- Die Fa. ABC-Logistik stellt in Düsseldorf ein Umschlaglager bereit, das als Lieferadresse für Einzelhändler in der City dient. Von diesem Lager wird durch ABC gebündelt an den Handel geliefert (B2B), sodass nicht mehrere Lieferdienste dasselbe Ladengeschäft anfahren müssen. Das Lager liegt in Radverkehrsentfernung zur engen Düsseldorfer Altstadt, die mit Lkw schlecht und nur temporär befahrbar ist. Zeitgleich werden Auslieferungen des Handels an Endkunden (B2C) über ABC-Logistik gebündelt. Seit Beginn des Projekts binden sich stetig Händler an das von ABC-Logistik bereitgestellte Konzept.
- In Wuppertal existiert ein Online-Handelsportal lokaler Händler, über das Waren an Endkunden zugestellt werden (B2C). Die Belieferung der Händler (B2B) soll in dem beantragten Vorhaben wie in Düsseldorf über ein City-nahes Umschlaglager gebündelt werden. Hierzu werden Händler mit Unterstützung durch die Wirtschaftsförderung Wuppertal AöR geworben.
Damit liegen zwei aussichtsreiche Testfelder (Düsseldorf/Wuppertal) für den Lastenradeinsatz in zwei Bereichen des Lieferverkehrs (B2B/B2C) vor. Der Mittelständler ABC-Logistik übernimmt dabei die Funktion eines „White-Label“-City-Logistikers (also ein Logistikzentrum am Stadtrand, das allen KEP-Dienstleistern zur Verfügung steht). Die voraussichtlich wirtschaftlichen Einsatzfelder für Lastenräder werden in beiden Städten ermittelt und anschließend im Testbetrieb evaluiert. Die Bergische Universität ermittelt schwerpunktmäßig die verkehrlichen, logistischen und städtebaulichen Bedingungen in den Einsatzfeldern und schätzt die erreichbaren Emissionsminderungspotenziale durch Lastenräder ab. ABC-Logistik bewirbt den Einzelhandel in beiden Städten, bereitet den operativen Betrieb vor und führt die Testanwendungen durch. Die Evaluation wird gemeinsam erarbeitet. Daraus werden Empfehlungen für eine moderne, Lastenrad-gestützte City-Logistik abgeleitet.
Übertragbarkeit der erwarteten Erkenntnisse
Aufbauend auf den im Forschungsprojekt erarbeiteten Erkenntnissen und Transformationspfaden ergibt sich die Möglichkeit einer diskriminierungsfreien und bundesweiten Verbreitung des Konzepts. Wenn es gelingt, systematisch Lastenräder einzusetzen, wird dieser Ansatz sicherlich Nachahmer in anderen Städten finden. Dies gilt umso mehr, als in vielen deutschen Großstädten eine emissionsfreie Einzelhandelsbelieferung mit geringstmöglichem Lkw-Einsatz politisch gefordert und als Alternative zu Fahrverboten gesehen wird. Insofern ist das beantragte Vorhaben vollständig anbieteroffen: Die Vorgehensweise und Erfahrungen beim Aufbau/Ausbau des dargestellten Logistikkonzepts werden dokumentiert, und im Demonstrationsvorhaben werden Einsatzerfahrungen gesammelt, dokumentiert und veröffentlicht, sodass sie anderen Unternehmen und Kommunen zur Übertragung zur Verfügung stehen.
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