Sichere Routenwahl
Abschätzung des Einflusses der Verkehrssicherheit auf die Routenwahl Radfahrender

Ausgangssituation
Umfassende und quantifizierte Informationen zur Wirkung der objektiven und subjektiven Sicherheit auf die Nutzung von Radverkehrsinfrastruktur (Routenwahl) liegen nicht vor. Darüber hinaus fehlen umfassende Erkenntnisse zur Quantifizierung des Einflusses infrastruktureller, verkehrlicher und netzplanerischer Merkmale auf das Radunfallgeschehen differenziert nach Unfallkonstellationen an Streckenabschnitten und Knotenpunkten. Ziel des Vorhabens soll es demnach sein, ein Unfallmodell unter Berücksichtigung von infrastrukturellen, verkehrlichen und netzplanerischen Merkmalen (Abschätzung der objektiven Sicherheit) zu erstellen. Aufbauend darauf soll der Einfluss der objektiven und subjektiven Verkehrssicherheit auf die Routenwahl von Radfahrenden bestimmt werden. Auf Basis dieser Modelle wird die Abschätzung von Unfall- und Nutzungswahrscheinlichkeiten ermöglicht, auch wenn keine Daten zum Unfallgeschehen vorliegen.
Ausgangspunkt ist das NRVP-Projekt “RadVers - Mit Smartphones generierte Verhaltensdaten im Verkehr“, in dem Fahrten von über 200 Radfahrenden via GPS dokumentiert und deren Einschätzungen zur subjektiven Sicherheit während einer vierwöchigen Feldphase erhoben wurden. Die Radfahrenden wurden anhand der Kriterien Radfahrtyp, Alter und Geschlecht als geschichtete Stichprobe gezogen und kommen dem Bevölkerungsquerschnitt deutscher Radfahrender sehr nahe. Innerhalb des geplanten Vorhabens (SiRou) sollen diese Daten mit dem Unfallgeschehen überlagert werden. Dazu wird ein Unfallmodell basierend auf Unfall-, Infrastruktur- und Verkehrsdaten erstellt. Das Modell kann zum einen, sofern alle Eingangsgrößen in den Städten vorliegen, Unfallzahlen für jedes Netzelement prognostizieren. Alternativ können typische Unfallkenngrößen (Unfallrate UR, Unfallkostenrate UKR) zur Beschreibung des Sicherheitsniveaus unterschiedlicher Strecken- und Knotenpunkttypen abgeschätzt werden.
Darauf aufbauend wird, basierend auf den GPS-basierten Verhaltensdaten, ein Routenwahlmodell geschätzt, um die Auswirkung der Sicherheitsbewertung in Wechselwirkung mit anderen Variablen auf die Nutzung von Radverkehrsanlagen zu quantifizieren. Dazu werden die gefahrenen Routen (siehe GPS-Daten) sowie die nicht gewählten Alternativen mit Routeneigenschaften versehen und auf Basis multivariater statistischer Schätzverfahren miteinander verglichen (siehe AP 5). Welche konkrete Rolle unterschiedliche Radfahrtypen dabei spielen, ist u.a. eine Frage, die durch die Bearbeitung des Projekts beantworten werden soll.
Die Bewertung der subjektiven Sicherheit auf Basis der gemeldeten Gefahrensituationen (aus dem NRVP-Projekt RadVerS) kann anschließend mit den Ergebnissen des Unfall- und Routenwahlmodells räumlich überlagert werden.
Die Kernziele des Projekts lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Quantifizierung des Einflusses infrastruktureller, verkehrlicher und netzplanerischer Merkmale auf das Radunfallgeschehen an Streckenabschnitten und Knotenpunkten
- Bestimmung des Einflusses der objektiven und subjektiven Verkehrssicherheit auf die Routenwahl von Radfahrenden
Projektdurchführung
AP 1: Internationale Literaturrecherche
AP 1 umfasst die Recherche nationaler und internationaler Literatur zum Thema Verkehrssicherheit und Routenwahl im Radverkehr.
AP 2: Erhebung und Aufbereitung notwendiger Infrastruktur- und Verkehrsdaten
Für die Erstellung des Unfall- und Routenwahlmodells müssen die Eingangsdaten erhoben und aufbereitet werden. Die Erhebung und Aufbereitung der Infrastrukturdaten für die Erstellung der Modelle wird für das Hauptverkehrsstraßennetz der Stadt Dresden, ergänzt um die Radverkehrshauptrouten, durchgeführt. Es werden strecken- und knotenpunktspezifische Merkmale erfasst, deren Einfluss im Unfall- bzw. Routenwahlmodell untersucht wird.
AP 3: Aufbereitung der Sensor-Daten sowie der Befragungsergebnisse zur subjektiven Sicherheit
AP 3 umfasst die Aufbereitung der aus dem Projekt „RadVerS: Mit Smartphones generierte Verhaltensdaten im Verkehr – Differenzierung des Nutzerverhaltens unterschiedlicher Radfahrender“ erhobenen Daten. Dabei handelt es sich einerseits um Sensor-Daten zu etwa 4.000 bis 5.000 Fahrten von ca. 200 Radfahrenden in Dresden, die über die gewählten Routen der Radfahrenden während der Erhebungsphase in 2018 Auskunft geben. Zudem liegen aus den im Projekt RadVerS begleitenden Befragungen 318 Mobilitätstagebücher vor. Sie lassen unter anderem Rückschlüsse auf die subjektive Sicherheit zu (z. B. wenn Radfahrende kritische Situationen oder andere sicherheitsrelevante Vorkommnisse auf ihren gefahrenen Routen gemeldet haben).
AP 4: Erstellung des Unfallmodells
Zur Beschreibung des Unfallgeschehens auf Basis des Zusammenwirkens unterschiedlicher baulicher und betrieblicher Merkmale bei gleichzeitiger Berücksichtigung der stochastischen Natur von Unfällen kommen multivariate Verfahren zur Anwendung.
AP 5: Schätzung des Routenwahlmodells
Im AP 5 wird die Wirkung der unterschiedlichen Einflussfaktoren auf die Routenwahl der Radfahrenden abgeschätzt. Dies wird mit einem multivariaten statistischen Schätzverfahren umgesetzt, das dem Stand in Wissenschaft und Praxis entspricht.
AP 6: Überprüfung vereinfachter Modellversionen
Arbeitspaket 6 beinhaltet die Überprüfung einer vereinfachten Modellversion anhand zweier Städte und deren aggregierten Sachdatensätzen aus dem Projekt MOVEBIS. Ziel des AP ist die Evaluierung der Übertragbarkeit und Identifikation unabdingbarer Parameter für die Modellbildung.
AP 7: Dissemination
Auf Basis der Ergebnisse des Projekts soll ein praxistauglicher Leitfaden entstehen, der sich an die Planerinnen und Planer in den deutschen Städten und Kommunen richtet. Im ersten Teil sollen die wesentlichen Erkenntnisse des Forschungsprojekts zusammengefasst und Empfehlungen für die Planung einer möglichst sicheren und als sicher empfundenen Infrastruktur gegeben werden. Darüber hinaus soll ein zweiter Teil im Leitfaden verfasst werden, der die Nutzung der im Projekt entwickelten Modelle ermöglicht und Hilfestellungen bei der Abbildung des Unfallgeschehens und der Routenwahl gibt.
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